Im Vorfeld der Kommunalwahl Sachsen-Anhalt am 09. Juni 2024 haben wir die antretenden Parteien und Wählervereinigungen für den Stadtrat Halle (Saale) und den Kreistag des Saalkreises kontaktiert. Wir wollten wissen, wie sie die derzeit anstehenden verkehrspolitischen Herausforderungen in der Region bewältigen wollen. Hier sind alle ungekürzten Antworten, die uns in einer Frist von drei Wochen erreicht haben.
„Radfahren ist mein liebstes Hobby, dabei macht es mir eigentlich gar keinen Spaß“ hört man immer wieder unter den Mitgliedern des Regionalverbands Halle (Saale) des ADFC Sachsen-Anhalt. Ob die schlechte Infrastruktur, die Gefahren durch den motorisierten Verkehr, der Fahrraddiebstahl oder der wiederkehrende Vorwurf, Radler seien die Schlimmsten – Jahrzehnte von autozentrierter Verkehrspolitik haben dazu geführt, dass die schönste Fortbewegungsart der Welt so ihre Tücken und Nachteile hat. Auf dieser Seite sind unsere verkehrspolitischen Aktivitäten und Perspektiven zusammengestellt.
Die Radwege in unserer Region sind lückenhaft, oft durch bauliche Mängel gefährlich und an vielen Stellen gar nicht nutzbar. Während dem KFZ-Verkehr Autobahnen, Bundesstraßen, Landstraßen und Gemeindestraßen gebaut werden, muss die Fahrrad-Infrastruktur vielerorts als unwürdig bezeichnet werden. In der Stadt sind Radwege oft zu schmal angelegt, ein Überholen oder Nebeneinanderfahren ist fast nirgends möglich. In KFZ ist das Nebeneinandersitzen dagegen selbstverständlich und Standard. Zahlreiche Straßen haben keinen Radweg, oder dieser liegt in der Gefahrenzone zwischen parkenden Autos und fließendem Verkehr. Bordsteinkanten, Schlaglöcher und Wurzelschäden mindern den Komfort beim Fahren und ermöglichen oft nicht einmal Tempo 30. Falschparker, Baustellenschilder, Mülltonnen wie E-Scooter werden bevorzugt auf Rad- und Fußwegen abgestellt. Potentiell lebensgefährdende Parkverstöße werden zu selten geahndet, zu oft passiert ohne Anzeige nichts.
Auf dem Land träumt man von solchen Problemen. Trotz touristischer Relevanz gibt es entlang vieler Landstraßen keine Radwege – oder alternativ Beschilderungen, die wirksam die Höchstgeschwindigkeit des motorisierten Verkehres beim Überholen auf Tempo 70 reduzieren. Als Beispiel sei die L173 genannt, die einzige Verbindung von Bad Lauchstädt nach Teutschenthal. Alleine im ersten Halbjahr 2022 wurde dort ein Pendler getötet, ein weiterer so schwer verletzt, dass der Rettungshubschrauber kommen musste. Situationen wie diese sind leider typisch sind für die Situation in weiten Teilen unseres Landes. Im Zusammenhang mit dem schwachen ÖPNV bedeutet das: Wer auf dem Land sicher und komfortabel mobil sein will oder muss, kommt kaum um Führerschein und KFZ herum. Für eine Stärkung des Fahrrads als gesundes, umweltfreundliches Verkehrsmittel braucht es komfortable Radwege. Dafür machen wir uns stark.
Während Hauptstraßen regulär asphaltiert sind, geht es für den Radverkehr daneben oft über Pflaster und an jeder Einmündung über Kanten auf und ab. | Hauptstraßen für KFZ haben einheitliche Breiten und Vorrangregelungen. Nicht so auf dem Radweg daneben: Mal separat geführt, dann scharf verschwenkt und den Fußgängern untergeordnet. Und wenn dann zusätzlich mal eben noch ein Pkw den Weg einengt … | Hauptstraßen-Feeling für Radfahrende: Bordsteine hinauf und hinab, unsichere Vorfahrt vor Rechtsabbiegern und Wegeführungen, die zum Bremsen zwingen. |
Berg- und Tal-Bahnen rütteln Radfahrende selbst an rein theoretischen Grundstückszufahrten auf. | Auf der Radverkehrsmagistrale in Kröllwitz: Hier zwingt die Beschilderung Radelnde, die dem Verlauf der Hauptstraße folgen zum Absteigen und Schieben. So erzwingt man Konflikte. Denn die Beschilderung und Barriere wird in aller Regel ignoriert und umfahren. | Nagelneue Holperstelle an einer Grundstückseinfahrt. Warum macht man solche Schildbürgerstreiche nicht auch auf Hauptstraßen? |